PROJEKTREPORTAGE

Cabin Spacey, Berlin

Simon Becker – Andreas Rauch Architekten, Berlin

Das Mikrohaus von Cabin Spacey ist darauf ausgelegt, urbane Resträume zu besetzen, die mit konventionellen Mitteln nicht erschließbar sind.

Mikrohaus in luftiger Höhe

  • Autor: Florian Thein
  • Fotos: Stefan Haehnel, Cabin Spacey

Der Zuzug in die Städte ist ungebremst, vor allem in den Metropolen wird bezahlbarer Wohnraum stetig knapper. Mit ihrem Start-up Cabin Spacey wollen die beiden Architekten Simon Becker und Andreas Rauch hoch hinaus und das Potenzial bisher wenig erschlossener städtischer Resträume nutzen.

Als klassisches Architekturbüro sähen sie sich eigentlich nicht, so Simon Becker, ihre Arbeit sei eher im Bereich Produktentwicklung angesiedelt. Dennoch setzen er und Andreas Rauch mit Cabin Spacey an einer der Kernkompetenzen der Architektur an – dem Wohnen. Ihr Konzept: mit einem Minimalhaus antiquierte Wohnformen aufbrechen und städtische Lücken besetzen, die mit konventionellen Mitteln nicht genutzt werden können. Die Idee zu Cabin Spacey entstand ursprünglich durch die Anfrage eines Kunden nach einem transportablen Haus. Simon Becker, am Thema Wohnen auf minimalem Raum schon seit Längerem interessiert, hatte sich bereits mit dem amerikanischen Tiny House Movement und ähnlichen Konzepten kleiner Behausungen beschäftigt.

Das Mikrohaus von Cabin Spacey ist darauf ausgelegt, urbane Resträume zu besetzen, die mit konventionellen Mitteln nicht erschließbar sind. Dabei kann es sich auch um einen attraktiven Uferbereich handeln, derzeit legen die Architekten den Fokus allerdings auf ungenutzte Dachflächen in den Metropolen Europas.

Eine seinen Ansprüchen genügende Lösung fand er jedoch nicht, sodass er, obwohl der Kunde inzwischen abgesprungen war, begann, eine eigene Variante zu entwickeln. Von der Idee fasziniert, stieg Andreas Rauch mit ein, um ein Kleinsthaus mit knapp 25 Quadratmetern Fläche von der Fassade über die Ausstattung bis zur letzten Bauteilfügung zu konzipieren. Die von ihnen entworfene Cabin ist im Prinzip überall aufstellbar, dem Berliner Unternehmen wurde jedoch schnell klar, dass in ihrer Stadt ein besonderes Flächenpotenzial auf seine Nutzung wartet – ungefähr 50.000 Dächer sind theoretisch für eine Aufstockung geeignet. So konzentriert man sich zunächst verstärkt auf eine Umsetzung des Minimalwohnens in luftiger Höhe.

Grundriss des Wohnbereichs (unten) und des Schlafbereichs (oben).

Beispiele für Kleinstwohnungen gibt es einige, vom umgebauten Seecontainer bis zum ertüchtigten Gewächshaus. Der Anspruch für Cabin Spacey war jedoch, sich zum einen nicht durch eine vorgegebene Materialität einschränken zu müssen und zum anderen gleichzeitig ein in allen ökologischen Belangen nachhaltiges Endprodukt zu erreichen, das im besten Falle vollständig ab- und wiederaufbaubar ist. Ein vermeintlich günstiger Preis sollte am Ende keinen Sondermüll produzieren. Die Wahl fiel auf den Werkstoff Holz. Der Wandaufbau ist als Vollholzkonstruktion mit einer Stärke von vierzehn Zentimetern mit außen aufgebrachter Dämmung vorgesehen. Dieser massive Aufbau hat hinsichtlich der Wärmespeicherung und -abgabe und damit für das Klima des kleinen Raums entscheidende Vorteile. Bei statischen Bedingungen, die ein geringeres Gewicht erfordern, kommt als alternativer Aufbau ein mit Zellulosedämmung gefüllter Holzrahmen zum Tragen.

Simon Becker (links) und Andreas Rauch.

„Den Preis pro Quadratmeter sehen wir als virtuelle Größe, für uns zählt der Preis pro Qualität.“

Strukturell ist die Cabin als äußere Hülle mit einem funktionalen Kern aufgebaut. Dieser sogenannte Hub, ein multifunktionaler Würfel, nimmt die Versorgung sowie Bad, Bett und Kochnische auf. Der Rest des Raumes bietet größtmögliche Freiheit und ist völlig offen gehalten. Verschiedene Klapp-, Dreh- und Schiebesysteme sorgen für temporäre Möblierung und Stauraum. Das leicht schräg nach vorne geneigte große Fenster an der Stirnseite rahmt den selbstgewählten Lieblingsausblick. Die nötige Beheizung im Winter kann, je nach Anspruch und Geldbeutel, per Luftwärmepumpe, elektrischer Fußbodenheizung, Infrarotheizung oder durch eine Kombination aus allem erfolgen. Solarzellen auf dem eigenen Dach sichern die Stromversorgung. Die Cabin soll komplett im Werk vorproduziert, per Kran aufs Dach gehievt und dann vor Ort fertig ausgebaut und angeschlossen werden. Hierzu ist ein Zimmermannsbetrieb als Generalunternehmer denkbar.

Schnitt mit Blick auf den sogenannten Hub. Das multifunktionale Objekt im Raum beherbergt Kochnische, Bad und Schlafmöglichkeit.

Im Gegensatz zur seriell produzierbaren Cabin ist bei der Einbringung vor Ort jedes Mal eine individuelle Lösung gefragt. Fluchtwege, Brandschutz und weitere baurechtliche Belange wollen geklärt sein, aber auch der Anschluss an die hausseitige Ver- und Entsorgung sowie die statischen Gegebenheiten sind zu berücksichtigen. Mit einem Gesamtgewicht von, je nach Variante, fünf bis zwölf Tonnen spielt die einzubringende Last eine nicht unwesentliche Rolle.

Mit falt- und klappbaren Möbeln kann der offen gehaltene Innenraum auf verschiedene Nutzungsszenarien reagieren.

Ein individuell gefertigter Stahlrost sorgt dafür, dass diese verteilt und punktuell an der richtigen Stelle abgeführt wird. In F90-Qualität ausgeführt, sorgt er zudem dafür, dass die Cabin für den Brandschutz des darunterliegenden Geschosses keine Relevanz hat. Auch die auf dem Dach erforderliche Absturzsicherung und die Unterbringung weiterer Medien lassen sich mit dem Stahlrost bewerkstelligen.

Modellstudie vor Ort.

Noch existiert die Minimalwohnung von Cabin Spacey nur als Modell. Als Preisträger eines Wettbewerbs für urbane Pioniere, mit einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne sowie zahlreichen Investoren (Herstellern aus der Baubranche, u.a. Grohe mit einem Musterkatalog unterschiedlicher Armatur- und Sanitärlösungen) im Rücken, verliefen Verhandlungsgespräche mit Dachbesitzern erfolgreich, und die erste Cabin soll bereits im Frühjahr 2017 auf einem Berliner Dach stehen.

Die Stadt auf der Stadt: 50.000 Berliner Dächer sollen für eine Aufstockung zur Wohnnutzung geeignet sein.

 

Die Vision zum Projekt.

Architekten

Cabin Spacey GbR
Simon Becker und Andreas Rauch
Green Living Incubator
Schönhauser Allee 36
10435 Berlin
www.cabinspacey.com

Das Unternehmen Cabin Spacey wurde im April 2016 von den beiden Architekten Simon Becker und Andreas Rauch gegründet. Cabin Spacey agiert nicht im Sinne eines klassischen Architekturbüros, sondern hat sich allein die Ausarbeitung und Vermarktung eines Mikrohauses („Cabin“) zum Ziel gesetzt. Der jungen Gründung ging eine weiter zurückreichende Phase von Konzeptionierung und Planung voraus. Simon Becker, der sich nach dem Architekturstudium an der HCU Hamburg und der TU Berlin intensiv mit Entrepreneurship, Marketing und Finance beschäftigte, fand mit Andreas Rauch einen bauerfahrenen Gründungspartner, der nach dem Diplom an der TU Graz in verschiedenen Berliner Architekturbüros, unter anderem roedig.schop architekten, tätig war. Schon im Gründungsjahr wurden sie für ihr Mikrohaus mit dem smart urban pioneers award ausgezeichnet und führten eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne durch. Im Frühjahr 2017 soll die erste Cabin auf einem Berliner Dach stehen.

Projekte

Seit 2016 Entwicklung und Vermarktung eines Mikrohauses

Produktinformationen

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